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EINBLICKE

In mein Leben. In mich.

AutorenbildKlaus

BARCELONA LA PURA





Die Möwe am Hoteldach verwendet das Pool als Tränke. Ich sehe ihr dabei zu. Im Hintergrund Barcelona. Für mich von unten schöner als von oben, und doch immer faszinierend.



Die Stadt die für mich alles abdeckt was das Städteherz begehrt. Facettenreiche und köstlichste Kulinarik. Zu Hause liebe ich Brettljausen. Hier liebe ich Tapas. Das selbe System, von allem ein Bisschen etwas. Nur halt spanisch. Pardon: Katalonisch!

Die Separatistenbewegung ruht gerade ein wenig. Vor einem Jahr wurde sie hochgekocht, Regierungschef Puigdemont verhaftet. Sie ist nicht verschwunden, sie köchelt im Untergrund. Heute ist eine andere Bewegung im Vordergrund. Weltfrauentag. Ich komme temporär nicht mehr in mein Hotel. Tausende junge Katalonierinnen demonstrieren in lila Accessoires. Feminista! Ich setze mich in einen Gastgarten und genieße die Stimmung. Gefühlt mehr Straßenparty als Demo.

,,Hola‘‘ Ganz automatisch antworte ich mit ,,Hola‘‘, ohne nachzudenken fühlt es sich gut und natürlich an dieses wundervolle lebensbejahende Wort auszusprechen. 3 Mal bereits hier gewesen. Stets zwecks Business mit genügend Leisure Time, so hat sichs stets nach Bleisure angefühlt. Die Worklife Balance des 21. Jahrhunderts. Business und Leisure verbinden. Fusion. 3:30h Weckerläuten. Morgenflug über die Alpen. Stahlblauer Himmel und schneebedeckte Berge. Ich liebe mein Land.



Himmlisches Gefühl. Vorfreude. Barcelona kann kommen.

Freitag Nachmittag und die Stadt übersiedelt ans Meer. Einige in die Lokale entlang der Barceloneta, die meisten direkt in den Sand.



Touristen, Einheimische, Wahlheimat Barcelona ist zu spüren. Diese Menschen sind genauso bunt und vielseitig wie Barcelona selbst. Langsam wird es lichter und die Meeresluft ist zu spüren. In dem Moment wo ich am Meer ankomme und es mir bequem mache, taucht die hinter mir untergehende Sonne den Strand, die Umgebung und all diese vorher noch bunten Farben in goldenes ruhiges Licht. Entschleunigung. Sandsitzen Anfang März macht Spaß und ist gut temperiert. Weitblick. Aufs Meer. Standup Paddeling ist auch hier zum beliebten Hobby geworden. Ein paar hartgesottene ziehen bereits ihre Schwimmtempos.

Metropole der Burgenbauer. Sandburgenbauer. So stelle ich mir die Sandburgenweltmeisterschaft vor. Die Promenade entlang flanierend wird einem alle paar Meter ein neues Sandspektakel geboten. Mal die Pyramide die in (echten!) Flammen steht, mal der Riese der in ein Reindl pinkelt und mal lässt ein treuer Fan Bob Marley und seine Gitarre hochleben.



Es werden keine Medaillen vergeben, sondern diese besondere Kunst mit Spendeneuros honoriert. Ich schlendere weiter. Meine Lieblingsviertel: Born und Gotic. Globalisierung hat hier keinen Zutritt. Mc Donalds, Burger King, Starbucks, Zara & Co müssen draußen bleiben. Individualität darf rein. Edles Premium-Handwerk wird zur Schau gestellt. Meist selbstgemacht. Pure Identifikation der Verkäufer mit ihrer Ware. Schön, Menschen zu beobachten, die für ihre Sache brennen. Die beste Burnout-Prophylaxe. Egal ob Verkaufsraum, Gemüsegeschäft, Restaurant oder Tapas-Bar: Das Innere ist meist aus Naturstein. Kein Verputz. Weniger ist mehr. Purismus. Wohlfühlplätze zum Verweilen.









Ästhetische Produkte erfreuen das Auge: Schuhe, Taschen, Shirts & Vieles mehr. Lieblich kredenzte Häppchen erfreuen zuerst das Auge, dann den Gaumen. Serielle Geschmacksexplosionen. Chorizos, die im brennenden Öl serviert werden, gegrillter Oktopus der vorm Verzehr noch eine Zitronendusche bekommt.



Eingerollte Lachshäppchen in Pistaziensplittern neben Rettichcremetupfern, die jeden Sushi-Koch vor Neid erblassen lassen. Thunfisch hauchdünn geschnitten mit einer undefinierbaren Sauce garniert. Undefinierbar gut. Faszinierend wie so ein kleines pures Stück Essen den restlichen Wirbel um einen herum vergessen lässt. Die Zeit hält an und da fällt mir ein Dialog aus Alice im Wunderland ein, denn so komme ich mir manches Mal in dieser Stadt vor. Alice fragt den weißen Hasen: „Wie lang ist eigentlich für immer?‘‘ und der weiße Hase antwortet ihr: ,,Manchmal nur eine Sekunde!‘‘

Barcelona ist dicht. Und leicht verständlich. Google Maps darf in der Hosentasche bleiben. Das Meer & der Berg geben stets gute Orientierungshilfe.

Weiter zum unbewussten Shoppen. Ich brauche nichts. Und dennoch fesselt mich das eine oder andere Unikat. Der handgemachte Weekender, halb Leder, halb Leinen. Eine wunderbare Komposition. Schade, dass ich schon 3 habe. Er wäre meine Nummer eins geworden.



Mein weltweites Lieblingsgeschäft: Loisaida. Ich tue mir schwer es zu beschreiben, jeglicher Versuch es in Worte zu fassen kann dem Gefühl nicht gleichkommen, das ich jedes Mal aufs Neue beim Betreten hab. Schlichtheit die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. So schrill, bunt und dynamisch es draußen zugeht, hier bin ich sofort entschleunigt, geerdet und klar.

Crunchy Music schon an der Eintrittspforte, die schwer zu finden ist. Ein verwunschenes enges Gässchen, weit und breit keine Touristenströme. Vor 6 Jahren bin ich zufällig das erste Mal hereingestolpert. Inzwischen einige Male unzufällig. Die Puppe mit dem Avantgardekleid aus blauem Denim wirkt wie der Portier der immaginär die Türe öffnet.



Kleiderhaken sind mit schönem Stoff überzogen um die Kleidungsstücke sanft daraufhängen zu haben. Dadurch wird jedem Kleidungsstück der nötige Respekt gezollt, den es verdient hat. Retromöbel, Kopfsteinpflastergefühl, alte Schreibmaschinen, mit Tuch bespannte Leitern, Flohmarktambiente mit ein Bisschen Baustelle.



Und in all dem: Perlen! Gewandperlen! Bewusst gewähltes Sortiment. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Erneut: Purismus. Es lediglich ordinär „Geschäft“ zu nennen wäre eine Beleidigung. Ich nenne es Kaleidoskop der guten Vibes. Ich bin überzeugt davon, dass sogar die Leute, die hier arbeiten, jeden Tag ein neues noch nicht gesehenes Detail entdecken.



Unter den Shirts in meinem Einkaufskorb befinden sich DIE Shirts: blau mit Hängematte drauf und grau mit Fahrrad drauf.




Identifikation pur. Der Smile in meinem Gesicht wirkt noch lange nach dem Geschäft nach, und wird künftig bei jedem Mal tragen erneuert.

Gleich ums Eck: Kathedrale Santa Maria del Mare. Purismuskirche. Als hätten die Römer einfach Stein auf Stein gesetzt und alles andere weggelassen. Katalanische Gotik nennen sies. Es lebe die Reduktion. Über dem Altar hängt in luftiger Höhe ein riesiges Messingkreuz. Keine Gravuren, kein gekreuzigter Jesus, keine Verzierungen. Ein Messingkreuz das an unsichtbaren Seilen hängt und die Patina im Kerzenlicht schimmert.



Besinnliche Minuten.

Es geht hotelwärts. Blick aus dem Zimmerfenster, sechster Stock, Lichter leuchten, die City lebt. Eine Stadt die nachts so lebendig ist, man kann den Puls spüren. Ich mag dieses Gefühl und nehme es mit ins Bett.


Ein neuer Tag öffnet sich vorsichtig blinzelnd vor mir, bevor er ganz hell erstrahlt. Guten Morgen Barcelona, ich freue mich auf einen neuen Tag mit dir. Hola Rooftop, Hola Pool.



Frühstück um 11:45h. Das darf sein. Regeln spielen hier keine Rolle, Barcelona mag intuitiv erlebt werden. Boqueria! Der Naschmarkt von Barcelona! Ziel erreicht!







Dieser Ort macht einfach Spaß, ist voller Farben, Gerüche und Geschmäcker. Spaziergang durch den Markt. Intensive Farben. Ich werde sofort in meine Kindheit zurückversetzt. Wenn am Schulanfang das erste Mal die neuen Wasserfarben ausgepackt werden und jede für sich so wundervoll strahlend und leuchtend ist, dass man sie kaum benutzen möchte. Genauso ehrfürchtig stehe ich vor Gewürzen, frischen Säften, Fischen, Meerestieren & Fleischvariationen.

Gestärkt geht es hoch hinaus. Montjuic, der thronende Hausberg. Das Miramare, ein wunderschönes Luxushotel mit großer Terrasse, exklusiven Sitzmöbeln und Champagner trinkenden Menschen. Hier bin ich richtig.



Ober mir dieser Luxus Tempel, ein Bisschen weiter unten eine schrille, bunte und überlaufene Bar. Es wird Zeit zu fliegen, ich möchte Richtung Strand. Wundervoll, dass es die Möglichkeit gibt hinunter zu gleiten, fliegen, schweben. Zuerst heißt es noch warten. Das kann ich besonders schlecht. Ich versuche die Zeit sinnvoll zu nutzen und nicht an das Warten zu denken. Neben mir ein Garten mit Ehrfurcht weckenden Bäumen. Er macht das Warten zu einer Wohltat.



Endlich geht es los. Seilbahn vom Berg an den Strand. Erste Reihe am Fenster. Die Gondel schwebt. Und ich mit ihr.



Wieder festen Boden unter den Füßen. Erden am Meer geht ganz schnell. Das gleichbleibende Rauschen der Wellen hat etwas Beruhigendes, Reinigendes und Klärendes. Zyklus. Anfang und Ende. Geben und Nehmen. Kommen und gehen. Regelmäßigkeit verleiht uns Vertrauen. Urvertrauen.


Samstag Abend. Die Clubszene hier lässt das Wiener Fortgehherz traurig werden. Traurig beim Gedanken, welche Dichte und Qualität an stilvollen Clubs es hier gibt von denen wir daheim nur träumen können. Fusionsküche auf Endstufe. Darüber ist die Luft zu dünn um noch atmen zu können. Opium, Shoko, Carpe Diem oder doch Agua? Carpe Diem bekommt den Zuschlag und versetzt uns in eine andere Welt. Buddha Bar Feeling. Dunkel. Orientalisch. Asiatisch.



Und über allem hängt eine Wolke Chicness. Stilvolle Leute. Guter Mix aus Internationalität und katalonischem Bewusstsein. Premium as its best. Tausend und eine Nacht in Barcelona. Pulsierender Club. Fastenzeitfasten fällt heute hier ganz besonders schwer. Mit dem Credo „Im Verzicht liegt der Genuss“ mache ich es mir erträglich.

Ab Mitternacht müssen die Speisetische mitsamt ihren Stühlen weichen, um dem Dancefloor Platz zu machen. Faszinierend wie sehr man eine einzige Lokalität so sinnvoll und gleichzeitig stilvoll nutzen kann. Ein DJ der es versteht die Akustik von langsamen Chillout Rythmen zur Dinnerbegleitung unmerklich in tanzende Vibes zu verwandeln. Ohren-, Augen- und Geschmacksextase.


Sonntag Morgen. Klares Wasser hilft dabei noch klarer zu werden. Nach den klärenden Runden im Pool lege ich mich eingehüllt in den Hotelbademantel in die Sonne. Ich lehne mich zurück und spüre wie die Wärme durch meine Körper wandert, ich will hier nicht weg.

Barcelona läuft. Zumindest jene, die am Marathon teilnehmen. Zum Drüberstreuen an der Strandpromenade eine der schrillsten Maskenparaden die ich je erlebt habe.





Der Spirit von Rio im Karneval steigt auf. Aufwändigste Verkleidungen, aufmunternde Trompetentöne und Trommelschall ergeben gemeinsam eine virtuose Symphonie.

Alles fühlt sich mit Abschied anders an. Ganz ruhig werde ich und umso lauter wird La Pura. Sie gibt dir mehr als sie dir nimmt. Die Stadt zeigt sich mit Marathon und Trommlern, mit Karneval Paraden und lauter Musik. Sie schreit wo ich gerade nicht kann. Das Frühstück geht zu Ende. Nun ein Taxi finden. Gar nicht so leicht bei dem Wirbel. Barcelona will mich nicht so leicht gehen lassen. Im Taxi der Fahrtwind Richtung zurück. Ich betrete den Flieger, suche meinen Sitzplatz, hol meinen Laptop raus und lehne mich zurück. Leider nicht das gleiche Gefühl wie heute Morgen auf dem Rooftop beim Zurücklegen. Gleichzeitig kommen unzählige Emotionen in mir hoch die niedergeschrieben werden wollen. Ich fange an in die Tastatur meines Laptops zu klopfen. Eine lächelnd genervte Flugbegleiterin kommt zu mir und bittet mich aufgesetzt höflich meinen Laptop weg zu packen. Beim Abheben und dem letzten Blick auf Barcelona bin ich froh darüber, gezwungen worden zu sein meinen Laptop zu verstauen. Jetzt habe ich den Blick über Barcelona und so schwebe ich von diesem magischen Ort davon mit der inneren Sicherheit eines baldigen Wiedersehens.

Rückflug. Über Berge. Über Österreich. Und Wolken.



Ich liebe mein Land. Auch mit Wolken.

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